"Künstlerische Erforschung der fremden und zugleich faszinierenden Umwelt"

Pressemitteilung

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Kunstpreis zu Ehren von Karl Schmidt-Rottluff Chemnitz an Núria Quevedo verliehen

Chemnitz, der 14. Oktober 2023. Mit dem Kunstpreis zu Ehren von Karl Schmidt-Rottluff Chemnitz wurde am heutigen Samstag die Berliner Malerin und Grafikerin Núria Quevedo geehrt. Der Preis würdigt eine bedeutende künstlerische Persönlichkeit der Gegenwart und wird von der privaten Stiftung zu Ehren von Karl Schmidt-Rottluff Chemnitz zum dritten Mal verliehen. Er ist mit 20.000 Euro dotiert. Die Preisverleihung fand im Rahmen einer Festveranstaltung in Chemnitz, Hotel Chemnitzer Hof statt. Begleitend zur Preisverleihung erschien eine Festschrift zu Ehren von Núria Quevedo mit Beiträgen von 29 Wegbegleitern, Freunden, Ausstellern und Sammlern, illustriert mit 49 Werken von Quevedo.

Die Preisträgerin zeigte sich gerührt von der Ehrung durch die Stiftung: Als Kind habe sie eine Ausstellung Salvador Dalis gesehen, dessen Surrealismus sie tief beeindruckt habe. Als sie zu DDR-Zeiten die Kunst der deutschen Expressionisten um Karl Schmidt-Rottluff kennengelernt habe, sei das „eine große Entdeckung“ gewesen, die nicht gern gesehen worden sei. „Die spanische Kunst war mir eine Nabelschnur, die mir immer Nahrung gegeben hat. Und die deutsche Kunst spielte eine ähnliche Rolle.“ Mit dem Namensgeber des Preises verbinde sie ein ähnliches Denken. „Schmidt-Rottluff war ein Mensch, der sich immer wieder auch selbst befragte. Auch ich bin noch am Anfang, ich bin noch am Lernen.“

Dr. Eckart Gillen, Kunsthistoriker und Kurator, hatte in seiner Preisrede die Singularität des Werks von Núria Quevedo herausgestellt, das sich aus ihrer besonderen Biografie ergebe: „Quevedos Schicksal hat sie in die Rolle einer passiven Beobachterin gebracht. Ihre Existenz in Berlin zwischen Spanien und Deutschland entsprang nicht ihrem eigenen Entschluss. […] So mag sich auf ihrem Lebensweg eine subversive, melancholische Weltbetrachtung eingestellt haben, die seit der Renaissance vor allem den reflektierenden, nachdenklichen Künstlern als Künstlermelancholie zugeordnet worden war.“ Mit ihrer „melancholischen Disposition“ habe sie „ein seismografisches Instrumentarium der künstlerischen Erforschung ihrer fremden und zugleich faszinierenden Umwelt“ entwickelt.

Wegbegleiter und Autor Volker Braun würdigte in seiner Festrede die besondere Rolle, die Quevedo auch in der Kunst der DDR und Gesamtdeutschlands spiele. In der Auseinandersetzung mit ihrer eigenen Rolle als Exilantin habe sie „ein eigenstes und umgreifendes Thema gesetzt. Es hat seine umgreifende Aktualität behalten. Die Menschheit ist auf der Flucht vor der verwüsteten Erde, und die Erde selbst ist auf der Flucht vor den Menschen.“

Zuvor hatte der Chemnitzer Oberbürgermeister Sven Schulze das private Engagement der Stiftung zu Ehren von Karl Schmidt-Rottluff für die Erinnerung an den in der Stadt geborenen Schmidt-Rottluff gewürdigt. Es korrespondiere mit den Aktivitäten der Stadt, die in ihren Kunstsammlungen den Namen des expressionistischen Künstlers und Brücke-Mitbegründers hochhalte und mit dem Umbau seines Elternhauses zu einer Veranstaltungs- und Ausstellungsfläche auf dem Weg zur Kulturhauptstadt Europas 2025 auch neue Impulse setze.

„Krieg, Migration, die Entwurzelung durch den Heimatverlust, das Ankommen und die Einsamkeit in einer neuen Gesellschaft – in Núria Quevedos Bildern spiegeln sich auf beeindruckende, atemberaubende Weise die großen europäischen Themen des vergangenen Jahrhunderts“, hatte Volker Zschäckel, Leiter der Galerie am Sachsenplatz Leipzig, als Juryvorsitzender die Entscheidung für Núria Quevedo im November 2022 begründet. „Arbeiten von Núria Quevedo finden sich in allen bedeutenden Kunstsammlungen in Ostdeutschland und längst auch darüber hinaus. In ihrem Wirken wird deutlich, dass es auch unter den Bedingungen einer staatlichen Kunstdoktrin gelingen konnte, eine eigenständige künstlerische Sprache zu entwickeln“, hatte Sonja Oehlschläger, Vorsitzende des Vorstandes der Stiftung zu Ehren von Karl Schmidt-Rottluff Chemnitz, die Auswahl der Jury begrüßt.