„Auseinandersetzung mit der Übermacht von Natur und Geschichte“

Pressemitteilung

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Michael Morgner mit dem ersten Kunstpreis zu Ehren von Karl Schmidt-Rottluff Chemnitz ausgezeichnet

Chemnitz, der 9. März 2018. Mit dem Schmidt-Rottluff Kunstpreis ehrte die Stiftung Schmidt-Rottluff Kunstpreis am heutigen Freitag bei einer Festveranstaltung in Chemnitz mit über 250 Gästen den Maler, Grafiker und Bildhauer Michael Morgner. Der Preis wurde erstmalig durch die Stiftung Schmidt-Rottluff Kunstpreis vergeben und ist mit 20.000 Euro dotiert. Er wird künftig alle zwei Jahre an eine bedeutende künstlerische Position der Gegenwart verliehen.

„Als Karl Schmidt-Rottluff vor etwa 110 Jahren mit einigen ihm gleich gesinnten jungen Künstlern eine Kunstform aus der Taufe hob, die wir heute den Expressionismus nennen, handelte er aus einem gewaltigen Defizit heraus“, erklärte Dr. Katrin Arrieta, Kunsthistorikerin, Künstlerische Leiterin des Kunstmuseums Ahrenshoop und Mitglied im Vorstand der Stiftung Schmidt-Rottluff Kunstpreis: „Gemeint ist jene beunruhigende Leere, die der Sinnverlust des Denkens und der Kunst seit ihrer Entlassung aus dem Dienst der alten, religiösen Weltanschauung das ganze 19. Jahrhundert hindurch zu spüren gegeben hatte.“ Künstler dieser Zeit hätten sich „ohne ein verlässliches Leitbild, wie Blinde auf dem Eis“, zu bewegen gehabt. Der Expressionismus eines Karl Schmidt-Rottluff sei nicht aus der Sehnsucht nach Selbstinszenierung entstanden: „Für ihn und die ihm gleich Gesinnten war die Malerei in reinen, starken Farben ein Erkenntnisweg, ein Brückenschlag in die grandiose Wahrheit der Natur.“

Aus solchem Geiste entstünden auch die Arbeiten von Michael Morgner, so Arrieta in ihrer Laudatio: „Zu Recht ist Michael Morgner erster Preisträger, denn sein Lebenswerk ist das Ergebnis einer alle Kräfte dieses Künstlers aktivierenden und aufzehrenden Auseinandersetzung mit der Übermacht von Natur und Geschichte über die Belange des Einzelnen.“ Morgners Lebenswerk kreise „um den im Grunde immer noch romantischen Entwurf des Menschen als Naturgeschöpf, der in die selbsterzeugte Kluft zwischen sich und der Natur gerät.“

Preisträger Michael Morgner bedankte sich für die Würdigung: „Die Arbeiten von Karl Schmidt-Rottluff waren fast die einzige hochklassige zeitgenössische Kunst, mit der ich als junger Mensch in der Ulbricht-Ära in Berührung kommen konnte. Dass mein Name durch den Preis nun dauerhaft mit dem Schmidt-Rottluffs verbunden ist, ist für mich eine riesengroße Ehre, die ich nicht für möglich gehalten hätte.“ Seine größte Dankbarkeit gehöre der Tatsache, dass er seit über 70 Jahren in einer Welt ohne Krieg habe leben und arbeiten können: „Diese Chance hatte Karl Schmidt-Rottluff nicht“, so Michael Morgner.

Zur Preisverleihung ist eine Festschrift erschienen. 36 Autorinnen und Autoren, darunter Persönlichkeiten wie Klaus Staeck, Karl Clauss Dietel, Christoph Dieckmann, Jutta Penndorf, Matthias Flügge, Ludwig Güttler oder Gunther Emmerlich, erinnern darin an ihre Begegnungen mit Michael Morgner und seiner Kunst. Die Festschrift unter dem Titel „Schmidt-Rottluff Kunstpreis 2018. Michael Morgner“ ist über den Buchhandel erhältlich (ISBN 978-3-9810040-8-3).